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Warum's bei uns so guat is(s)t

  • 14 Minuten Lesezeit
  • Kulinarische Schätze
Kann man in Erzberg Leoben exzellent essen? Natürlich! Aber warum schmeckts hier eigentlich so besonders gut?

Die österreichische und vor allem die steirische Küche genießen unter Feinspitzen einen besonders guten Ruf. Und das hat tatsächlich handfeste Gründe. Zum einen gibt es hier eine lange Tradition guter Gastronomie. Im Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn gab es einen regen Austausch zwischen unterschiedlichen Kochstilen aus allen Teilen des Reiches. Der Vorläufer des Wiener Schnitzels kam aus Mailand, wurde in Wien verfeinert und verbreitete sich von dort im ganzen Land und schließlich auf der ganzen Welt – in der Steiermark behielt man es sich vor, eine ganz eigene Variante zu kreieren und zu exportieren: das steirische Backhendl. Aus dem wieder in letzter Zeit der berühmte steirische Backhendlsalat wurde. Sie sehen: Küche lebt. Gulasch aus Ungarn, Knödel aus Böhmen und vor allem Süßes aus allen Provinzen: Vielfalt wurde geschätzt und genossen. Doch es ist weit mehr als diese Tradition, die die Kulinarik hier so besonders köstlich macht.

Genussreich

Um herauszufinden, warum’s bei uns in der Region Erzberg Leoben so guat is(st), treffen wir uns mit Ilse Blachfellner-Mohri. Sie betreibt nicht nur den bekannten Gasthof Eberhard in St. Michael, sie ist auch eine der GründerInnen des „Genuss-Reich“, einer Initiative von Produzenten, Gastronomen und Händlern der Region. Sie erzählt: „Ich bin ungefähr vor 20 Jahren zurückgekommen von Wien, um den Betrieb zu übernehmen. Es ist immer so gewesen, dass bei uns im Haus zum Beispiel das Fleisch von meinem Cousin am Bergbauernhof kam. Wir waren also immer bäuerlich verwurzelt. Also habe ich, als ich den Betrieb übernahm, gleich einmal so Dinge wie gebackene Tintenfischringerl oder Barsch und Zander, also Tiefkühlware, von der Karte gestrichen. Denn: Es ist ja alles da. Beim Fisch zum Beispiel: Wir haben in der Region Karpfen, Forellen, Saiblinge, Welse. Und da habe ich bemerkt, dass es hier viele gibt, die mittlerweile so denken. Und so haben wir vor 15 Jahren die Initiative ,GenussReich‘ gegründet.“ Mittlerweile sind über 70 Betriebe bei „GenussReich“ dabei. „Wir haben junge, innovative Betriebe dabei, wie zum Beispiel die Gemüsemacherei oder der Genussdude, dann aber auch Anbieter wie den Hafellner in Proleb, der Käferbohnen, aber auch Christbäume und Blumen produziert, der also in eine ungewöhnliche Richtung geht. Zum Dritten die Basis, wie die Familie Mitteregger, die seit Jahren Schinken und Speck in Top-Qualität produzieren, oder der Martin Temmel mit seiner ,Aquaponik‘-Anlage, oder die Maria Haberl mit ihren Kräutern, die Sirupe und Tees macht, oder Konrad: Joghurt in Top-Qualität. Oder, oder, oder. So haben wir die ganze Bandbreite.“

Die Zutaten

Selbstverständlich hätte, meint sie, die Vielfalt der Produkte mit den vielfältigen Landschaften der Region zu tun. Denn: Trotz ihrer Größe von nur etwas mehr als 16.000 Quadratkilometer gibt es in der Steiermark und im speziellen in der Region Erzberg Leoben, dank der unterschiedlichen Höhenlagen, verschiedenste landwirtschaftliche Möglichkeiten. Im Norden gedeiht alles, was Wald, Almwiesen und die Quellen, die den Bergen entspringen, zu bieten haben: Wildfleisch, Pilze, Schwammerln, duftende Kräuter, Milch und Milchprodukte von den Kühen, die auf den Bergwiesen grasen, oder auch köstlicher frischer Fisch, ja sogar Gebirgsgarnelen. Weiter im Süden ist die Steiermark für ihre Vielfalt an Weinen bekannt. Übrigens: Die „Zweigelt-Traube“ (unbedingt probieren) und der „Schilcher“ (unbedingt probieren, aber reichlich Wasser dazu trinken!) wurden hier „erfunden“ und fühlen sich dementsprechend wohl in der Steiermark. Regionale Besonderheiten sind auch die steirischen Käferbohnen (mit echtem steirischen Kürbiskernöl genießen!) und der steirische Kren, der der „Brettljausen“ ihre angenehme Schärfe verleihen kann. Stolz sind die Steirer vor allem auch auf ihre Äpfel (in einer unvorstellbaren Vielfalt an Sorten), ihre Kürbisse, Tomaten, Melonen, ihren Speck und überhaupt die Fleischwaren, die hier in höchster Qualität produziert werden. Die noch immer recht kleinteilige Struktur der regionalen Landwirtschaft sorgt dafür, dass die Bauern hier weniger auf Quantität denn auf Qualität achten können und müssen, und mittlerweile gibt es viele Biobauernhöfe, in denen Produkte von erstklassiger Güte erzeugt werden. Auch die intakte Natur macht es den Produzenten leichter: Im kristallklaren Bergquellwasser fühlen sich Bachsaiblinge, Forellen oder Welse nun mal wohler, auf gesunden Böden wachsen Kirsch-, Apfeloder Zirbenbäume (Tipp! Dieser Schnaps wird sie umhauen!) nun mal besser als anderswo. Und auf einer saftigen Frühlingswiese in frischer Luft kann eine Kuh mehr Kraft tanken als in einem trostlosen Großbetrieb.

Frische

Hinzu kommt, dass sich der Gedanke durchgesetzt hat, wie wichtig es ist, saisonal zu kochen. Spargel gibt’s im Frühling, Eierschwammerl im Sommer, Wildfleisch im Herbst und im Winter wird auf Eingemachtes zurückgegriffen, so wie es immer schon war. Das garantiert, dass nicht nur die Qualität stimmt, die auf Ihrem Teller landet, sondern auch die Frische! Man stelle sich vor: Tiefgefrorene Eierschwammerl – ein heimischer Koch würde eher den Kochlöffel abgeben als Ihnen so was zu kredenzen! Apropos Koch: Damit sind wir bei der nächsten großen Stärke der Küche unseres Landes. Ohne Übertreibung gilt die Kochlehre in Österreich und vor allem auch in der Steiermark als eine der Besten, wenn nicht als die Beste der Welt. Österreichische Köche werden international händeringend gesucht – und als einer, der für ein Gastronomiemagazin gearbeitet hat, kann ich Ihnen sagen: In diese Suche wird von Neuseeland bis in die USA viel Geld investiert. Auch Kreuzfahrtanbieter oder Besitzer privater Jachten schwören auf diese bestausgebildeten Kulinarikexperten. Was uns zur Frage führt, wie Ilse Blachfellner-Mohri zu ihren außergewöhnlichen Kochfähigkeiten gekommen ist. „Wenn du hier in dem Haus als Kind aufwächst, dann kannst du viel ausprobieren, kreativ sein, viele Geschmäcker selber probieren. Und dann bin ich ja auch viel gereist. Und Reisen ist eine gute Gaumenschule. Ich habe sogar in England sensationelle Köche kennengelernt. Ich schwärme für Eintopfgerichte in Nordengland. Dass
ich wieder mit einer Blutwurst zum Beispiel begonnen habe, ist ein Mitbringsel aus England“, erzählt sie. Was ihre Lieblingsspeisen und Produkte aus der Region sind, wollen wir wissen. „Ich bin ein Gemüsetiger. Ich steh auf Klassiker wie Krautfleckerl (lacht) und Käferbohnensalat!“ Sie sehen oder besser, riechen und schmecken: Die Qualität der Gastronomie hier ist beileibe kein Zufall. Und wenn Sie sich jetzt fragen, warum in Erzberg Leoben nicht alle Einwohner und Einwohnerinnen schwer übergewichtig sind: Vielleicht liegt’s an der guten Luft? Oder an den tollen Sportmöglichkeiten hier? Aber das ist eine andere Geschichte.

Was ist das "Genussreich"?

Das GenussReich ERZBERG LEOBEN steht für die Vermarktung hochwertiger einheimischer Produkte aus der Region. Gäste und Einheimische können mit über 70 passionierten Mitgliedsbetrieben aus der kleinstrukturierten Landwirtschaft, Gastronomie, Handel, Handwerk und Kunst ins Gespräch kommen, bei ihnen genießen und einkaufen. Das Bewusstsein für die Bedeutung von ausgewählten Lebensmitteln und echtem Handwerk aus der Region zu steigern ist das Ziel der Initiative. So profitiert die Region seit 15 Jahren von einem wahren Reichtum an Können, Ideen und Genuss. Der GenussReich-Fokus liegt auf Qualität, gutem Geschmack, nachvollziehbaren Produktionsweisen und einem fairen und respektvollen Umgang mit unserer Umwelt. Frei nach dem Motto „Made in GenussReich“. Und genau um diesen Fokus zu stärken und hervorzukehren, welcher Reichtum in unserer Region schlummert, wurde der Verein ins Leben gerufen. Einst gestartet als reine Kulinarik-Initative, bereichern mittlerweile auch wertvolle Handwerksbetriebe das GenussReich.