Was man über das herbstliche Weinland wissen sollte
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- Herbst, Essen & Trinken
Das Weinland Steiermark wird in drei Anbaugebiete unterschieden: In die Südsteiermark, in das Vulkanland Steiermark und in die Weststeiermark. Wer sich hier bestens auskennt, ist Claudia Pronegg. Sie als „praktizierende Südsteirerin“ lebt und arbeitet mitten im Weinland, liebt Wein und koordiniert eine Sportveranstaltung vor Ort, den WelschLauf. Bei ihr haben wir nachgefragt, worauf wir uns im Herbst freuen dürfen und wann der Wein in die Winterruhe geht…
Liebe Claudia, gleich einmal vorweg: Was macht den Herbst im Weinland so schön? Was sollte man unbedingt gesehen haben?
Claudia: Vorab, jede Jahreszeit im Weinland Steiermark hat ihren eigenen Reiz. Im Herbst ist es mit Sicherheit die Farbenpracht in der Region. Neben bunten Laubwäldern und Streuobstwiesen mit saftig reifem Obst, sind es vor allem die Weingärten – diese färben sich je nach Rebsorte von kräftigem gelb bis zu sattem dunkelrot.
Aber vor allem ist es die Stimmung der Menschen, die um diese Jahreszeit ernten dürfen, was sie eine ganze Wachstumsperiode lang gepflegt und gehegt haben. Fröhliche, dankbare Gesichter, wenn Rebsorte für Rebsorte in die Weinpressen wandert.
Hinter den steirischen Tropfen steckt viel Detailliebe und Sorgfalt: Die Weinlese im September ist sehr viel Arbeit. Wie geht die Weinlese in der Steiermark vor sich? Welche Bedingungen braucht es, damit der Jahrgang besonders gut wird?
Claudia: Geerntet wird ab Anfang September bis weit in den Oktober hinein. Ausschlaggebend für den Erntezeitraum ist natürlich immer das Wetter. Die einzelnen Rebsorten reifen unterschiedlich. Ein trockener, sonniger Herbst verlängert die „Lesezeit“. Kühle Nächte und warme, sonnige Tage tragen ungemein viel zur Extraktbildung in den Trauben bei. Eine lange Regenperiode und hohe Feuchtigkeit ist im Herbst die größte Herausforderung in den Weinbauregionen.
Jeden Tag aufs Neue muss entschieden werden, ob eine Rebsorte nun in den Keller soll, oder man Durchhaltevermögen zeigt und die nächsten paar Sonnentage noch nutzen kann.
„Gelesen“ – also geerntet, wird in der Steiermark im Sinne von höchst möglichem Qualitätsertrag. Es sind nur wenige Kilogramm je Rebstock und auch diese Menge wird oft in zwei Tranchen gelesen um besonders schöne Trauben so lange als möglich reifen zu lassen. Dass im Qualitätsweinbau - auch festgeschrieben in der DAC-Verordnung - ausschließlich von Hand gelesen wird, versteht sich von selbst.
Welche Rebsorte bevorzugst du? Ist die Steiermark für alle Weingenießer (ob Sauvignon Blanc, Muskateller oder Traminer) ein ideales Urlaubsziel – für welchen Genuss-Typ empfiehlst du welche Region?
Claudia: Das ist eine schwierige Frage! Ganz ehrlich, ich kann mich für keine Rebsorte entscheiden…Je nach Jahreszeit und Stimmung variiert meine Wein-Vorliebe. Mittags vielleicht lieber Welschriesling, abends eher ein Sauvignon blanc. Mein Geschmack variiert auch nach Monaten… Im Juni Muskateller, im August Weißburgunder…
Es ist nicht nur die Sorte – für mich spielt die Art des Ausbaus eine große Rolle. Manchmal gebe ich einem Ortswein mit klarem Herkunftsbezug den Vorzug, dann ist es wiederum ein biodynamisch ausgebauter Cuvèe.
Wenn man ein paar Tage im Weinland Steiermark verbringt: Welche Plätze sollte man besuchen, um die steirische Weinkultur authentisch erlebt zu haben?
Claudia: Die Steirischen Weinstraßen sind eine gute Orientierungsachse für den Erstbesuch im Weinland Steiermark. Folgt man ihrem Verlauf durch die Weinbaugebiete und Weinorte, kann man eigentlich keine Sehenswürdigkeit versäumen. Ob Lieblings-Weinbauer mit Buschenschank, Manufakturen – die Steiermark ist gesegnet mit Produzenten unterschiedlichster Direktvermarktungsprodukte – bis hin zu Vinotheken, Wirtshäusern und besonderen Aussichtspunkten. Hat man sich einmal orientiert, lohnt es sich von beschilderten Wegen abzuweichen und Neues zu entdecken.
Der Vorteil der Steiermark ist, dass man bei nahezu jedem Weinbauern einkehren kann und je nach Betriebsstruktur auch verkosten kann. Wenn der Betrieb auch einen Buschenschank hat, kann man hervorragend jausnen.
Tipp: Eine „Brettljause“ sollte man in der Steiermark schon einmal gekostet haben…
Auch im Winter hat das Weinland seinen Zauber: Ruhe kehrt ein, die Weine reifen in den Fässern, draußen wird es kühl und die Weinberge sind vielleicht sogar in Schneeflocken gehüllt. Was kann man im Weinwinter eigentlich entdecken?
Claudia: Der Weinwinter ist für mich eine besondere Jahreszeit. „Die Weinstöcke schlafen“ und die Weinbauernfamilie hat mehr Zeit als sonst. Die Tage erwachen in mystischen Nebellandschaften und die Sonne schafft es manchmal erst am späten Vormittag, die Landschaft in bezauberndes Licht zu tauchen.
Die Zeit scheint langsamer zu vergehen und ausgedehnte Spaziergänge beruhigen ungemein. Auch im Winter kann man im Weinland – mit warmer Kleidung ausgestattet –viel Zeit im Freien verbringen: Um zu wandern, wenn nicht gerade etwas Schnee liegt… Oder einfach nur, um auf einer Bank zu sitzen und den Blick über die Hügel schweifen zu lassen. Es gibt so viele schöne Plätze zu erkunden.
Danke liebe Claudia für das Interview. Zugegeben: Jetzt habe ich wirklich Lust auf eine Buschenschank-Jause mit einem Käferbohnensalat und ein Glaserl Wein ;)